CASE STUDY
QNC
FNG-Siegel: Beurteilung nachhaltiger Investmentprozesse
Einführung
Die Steigerungsquoten der in Deutschland erhältlichen Nachhaltigkeits- Fonds sind enorm. In den Jahren zwischen 2016 bis 2021 stieg die Anzahl der Angebote um jeweils 10 bis 20 Prozent im Jahr. Im ersten Halbjahr vor Inkrafttreten der EU-Offenlegungsverordnung am 10.März 2021 kletterte die Quote sogar weiter auf ein Doppeltes bis hin zur Vervierfachung im Frühjahr 2023. In Zahlen ausgedrückt wurde das Angebot von rund 700 SRI-Fonds auf 6.100 vervielfacht.1
Sich in diesem Angebots-Wust zurechtzufinden, ist selbst für Profis nicht einfach. Um sowohl verschiedene Anlagestile mit Nachhaltigkeitselementen zu identifizieren als auch einzuordnen sind SRI-Labels eine geeignete Hilfestellung. Im deutschsprachigen Markt hat sich das FNG-Siegel als ein wichtiger Qualitätsstandard nachhaltiger Geldanlagen etabliert. Das Gütezeichen bietet Produktherstellern und Anlegenden Anreiz und Hilfestellung, anspruchsvolle Anlagestrategien in der nachhaltigen Kapitalanlage ganzheitlich zu entwickeln und umzusetzen bzw. zu identifizieren. Im Rahmen einer externen, wissenschaftsbasierten und unabhängigen Due-Diligence wird nahezu die komplette Nachhaltigkeits- Infrastruktur eines Investmentprodukts durchleuchtet und die jeweiligen Bausteine bewertet.
1. Konzept und Methodik
Unter Einbindung maßgeblicher Stakeholder2 wurde das FNGSiegel 2015 nach einem dreijährigen Entwicklungsprozess in den Markt eingeführt. Dabei wurden vielerlei Bausteine nachhaltiger Geldanlagen herausgearbeitet. Die Bündeldung von damals rund 80 Analyse-Elementen in Unter- und Hauptkategorien wurde operationalisiert und in einer vielschichtigen Prüf- und Bewertungsmethodik zusammengefasst. Diese strukturierte und ganzheitliche Herangehensweise erlaubt es, die vielen verschiedenen Ansätze, mit denen Marktakteure Nachhaltigkeit in Investmentprodukten umsetzen, möglichst objektiv bewerten zu können. Bis zur diesjährigen Prüfung des FNG-Siegel 2024 flossen zahlreiche Rückmeldungen von Stakeholdern und eigene Erkenntnisse ein, sodass die Analyse-Elemente mittlerweile über 111 Subfragen beinhalten.
In dem unregulierten Marktumfeld zur Entstehungszeit des FNGSiegels ergab sich die Notwendigkeit Innovationsanreize zu setzen, wodurch über die Mindestanforderungen hinausgehende Qualitätsniveaus geschaffen wurden. Die Aussagekraft eines SRILabels mit Anspruch zwischen Qualitätsniveaus zu differenzieren, wäre im Fall von binären Aussagen (entweder hat ein Produkt ein Siegel oder nicht) begrenzt, sodass sich das FNG-Siegel von sonst üblichen Gütezeichen mit seinem Stufenmodell abhebt. Das Stufenmodell als „Kür“ mit bis zu drei Sternen schafft einen Anreiz für besonders ausgeprägte nachhaltige Investmentstrategien.
Aufbau und Stufenmodell der Siegel-Prüfung
Kriterien des FNG-Siegels
Der mittlerweile zunehmend regulierte Markt nachhaltiger Geldanlagen in der EU setzt die Erfüllung des Artikel 8 oder 9 der EU-Offenlegungsverordnung zur Vermarktung voraus. Eine diesbezügliche Schlüsselung kann vom Bewerber selbst in den Basisdaten zum Fonds vorgenommen werden. Die ganzheitliche Methodik des FNG-Siegels basiert dagegen auf einem Mindeststandard. Dazu zählen Transparenzkriterien und die Berücksichtigung von Arbeits- und Menschenrechten, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung, wie sie im weltweit anerkannten UN Global Compact zusammengefasst sind. Auch müssen alle Unternehmen des jeweiligen Investmentprodukts komplett auf Nachhaltigkeits-Kriterien analysiert werden. Mit Hilfe von Umsatzgrenzen sind Investitionen in Atomkraft, Kohlebergbau, relevante Kohleverstromung, Fracking, Ölsande, Tabak, sowie Waffen und Rüstung ausgeschlossen. Investmentprodukte, die sich in den Kategorien „institutionelle Glaubwürdigkeit“, „Produktstandards“ und „Portfolio-Fokus“ (Auswahl- und Dialogstrategie sowie KPIs) besonders hervorheben, erhalten bis zu drei Sterne.
Mit diesem Ansatz geht das FNG-Siegel über die reine Portfoliobetrachtung hinaus. Mit über 111 Fragen wird zum Beispiel der Nachhaltigkeitsanlagestil, der damit einhergehende Investmentprozess, die dazugehörigen ESG-Research-Kapazitäten und ein eventuell begleitender Engagement-Prozess analysiert und bewertet. Darüber hinaus spielen Elemente wie Reporting, Kontroversenmonitoring, die Einbindung von Stakeholdern und die Fondsgesellschaft als solche eine wichtige Rolle.
Prüf- und Bewertungsarbeiten
Die Sustainable Finance Research Group der Universität Hamburg unter der Leitung von Prof. Timo Busch führt seit 2018 die Prüf- und Bewertungsarbeiten durch, erstellt Research und ist für die Weiterentwicklung der Methodik des FNG-Siegels mitverantwortlich. Um besser auf Herausforderungen des sich abzeichnenden weiteren Wachstums vorbereitet zu sein, übernimmt zukünftig der von mehreren Wissenschaftlern zu diesem Zweck gegründete gemeinnützige Verein F.I.R.S.T. e.V. diese Aufgabe. Dieser stützt sich auf eine breite Trägerschaft unter Einbindung von Wissenschaftlern der Universitäten Hamburg, Zürich, St. Gallen und der EBS, ergänzt von einem weisungsungebunden Marktpraktiker. Da die Drittmittelförderung der Universität Hamburg durch die QNG im Frühjahr 2023 auslief, finden sich alle mittlerweile neun Mitglieder des Prüfteams unter der akademischen Leitung von Prof. Busch in einer eigenen Organisation wieder.
Weitere Projektpartner
Der Fachverband Forum Nachhaltige Geldanlagen e.V. initiierte das Projekt und gründete dafür eine Tochtergesellschaft: Qualitätssicherungsgesellschaft Nachhaltiger Geldanlagen mbH (QNG). Sie hat u.a. die Gesamtverantwortung für das FNG-Siegel. Zudem repräsentiert das FNG-Siegel Komitee Anleger, Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Kirchen und NGOs. Es nimmt eine beratende und überwachende Funktion ein, stärkt das Siegel- Konzept durch seine unabhängige Expertise und trägt zu dessen Weiterentwicklung bei.
2. Beispielhafte Änderungen & Erkenntnisse der letzten Jahre
2.1 Mindestanforderungen
- Screening aller Portfoliotitel
Die Quote an Unternehmen und Staaten des jeweiligen Produkts, die auf Nachhaltigkeits-Kriterien analysiert werden, ist von 90 auf 100 Prozent angestiegen. Anlegende in FNG-Siegel-Produkte haben somit die Gewissheit, dass alle Titel in Bezug auf Nachhaltigkeitskriterien analysiert werden; also keine „blinden Flecken“ vorhanden sind.
- TCFD im Europäischen SRI Transparenz Kodex
Durch das Erfordernis einer komplett ausgefüllten und öffentlich zugänglichen Erklärung zum europäischen SRI Transparenz Kodex fließen Kernelemente der Task Force on Climate-related Financial Disclosure (TCFD) und sogar Anforderungen des Artikels 173-VI der französischen TECV-Verordnung und des Abschlussberichts der High-Level Expert Group on Sustainable Finance (HLEG) ein.
- Neues Ausschlusskriterium: Uranbergbau
Wie bei Kohle wurde der Abbau des Rohstoffs Uran als separates Mindestausschlusskriterium aufgenommen.
- Umsatztoleranzen für Kohleverstromung gesenkt
Um „fossil free“ Schritt für Schritt gerechter zu werden, fiel die Umsatztoleranz für Kohleverstromung von 30 auf 25 Prozent und dann auf 10 Prozent.
- Neues Ausschlusskriterium: Tabakproduktion
In Anlehnung an das deutsche Verbändekonzept wurde Tabakproduktion als Mindestausschlusskriterium aufgenommen. Als Qualitätszeichen im deutschen Markt integriert das FNG-Basis- Siegel die Mindestausschlüsse des deutschen Verbändekonzepts.
2.2 Weiterentwicklung des Stufenmodells
- Neue Kriterien zu SRI- / ESG-Kompetenzen / -Vergütung
(Weiter-)Bildung der Mitarbeitenden und Kenntnisse in diesem Bereich – nicht nur während des Einstellungsprozesses neuer Fachkräfte – werden positiv berücksichtigt. Letztendlich können Mitarbeitende des Portfoliomanagements mit ESG-Kriterien nur dann konstruktiv umgehen, wenn sie das nötige Wissen besonders zur Einschätzung der Relevanz der jeweiligen Nachhaltigkeitsthemen und -kriterien haben. Auch spielen Vergütungsstrukturen und Nachhaltigkeitsleistungen mittlerweile eine Rolle.
- Dialogstrategien
Durch die Neuaufnahme eines Kriteriums im Abschnitt Institutionelle Glaubwürdigkeit zu Dialogstrategien messen wir dem Thema eine adäquate Bedeutung im Kontext des Asset Managers als solchem bei. Hierbei werden alle Anstrengungen zu Dialogen mit Dritten berücksichtigt, die die Fondsgesellschaft auch über die reine SRI-Anlage hinaus unternimmt, um nachhaltige Entwicklungen zu fördern.
- Fossile Energieträger und Klimawandel
Die Bemühungen von Asset Managern im Kampf gegen den Klimawandel, unterstützt von der TCFD und dem EU Climate Action Plan, gewinnen immer mehr an Bedeutung. Um auch weiteren Arten fossiler Energieträger, beispielsweise Öl und Gas, Aufmerksamkeit zu schenken, wurden die Kriterien entsprechend ausgeweitet. Ansätze, die die Investmentpolitik zu fossilen Energieträgern nachhaltig beeinflussen, werden positiv gewürdigt.
- Integration der EU-Taxonomie
Die Klassifizierung ökologisch nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten im Rahmen der EU-Regulatorik zu Sustainable Finance ist ein geeigneter Anhaltspunkt, von der EU explizit als „grün“ angesehene Geschäftsbereiche identifizieren zu können. Die Tatsache, dass die hoch kontroversen Bereiche Kernenergie und Erdgas zusätzlich in die grüne Taxonomie unter bestimmten Bedingungen aufgenommen wurden, ändert grundsätzlich nichts daran. Die im FNG-Siegel geforderten Ausschlüsse gelten selbstverständlich weiterhin. Ein sich ums FNG-Siegel bewerbendes Investmentprodukt muss trotzdem die Natur seiner einzelnen Investments beschreiben. Hier hilft der (nicht pauschale, sondern konkretisierte) Verweis auf die sechs Umweltziele der EU-Taxonomie, um z.B. einen Themenbezug herzustellen oder KPIs besser zu definieren (auch im Zeitablauf bzw. mit Zielbezug). Auch die Integration der EU-Taxonomie ins Research, in die Investmentprozesse, in die Portfoliokonstruktion, das Reporting und in andere Elemente sind zukunftsweisend. Durch die Tatsache, dass erste Resultate zu sogenannten Taxonomie-Alignment-Quoten je nach Schätz-, Erhebungs- und Mapping-Methode noch sehr unterschiedlich ausfallen, ist die Berücksichtigung solcher quantifizierbaren Elemente allerdings nur beschränkt möglich.
- Regulatorische Vorgaben
Das FNG-Siegel integrierte seit Beginn optionale Analyse-Elemente im Vorgriff einer Regulierung zu verschiedenen Qualitätsniveaus (Stufenmodell). Im Rahmen der Offenlegungsverordnung sind einige davon mittlerweile Pflicht geworden. Dementsprechend wurde es nötig, die Elemente anzupassen und auch in Zukunft bei Änderungen zu editieren. Beispiele dafür zeigt die Kategorie „Produktstandards“ und insbesondere die Elemente zu „SRI-Reporting“, da die Anforderungen der EU-Offenlegungsverordnung hier weiterhin für regulatorisch bedingte Weiterentwicklungen sorgen. Dies kann dazu führen, dass das Gesamtergebnis bei sich erneut bewerbenden Investmentprodukten, die keine Verbesserungen im Vorjahresvergleich vorgenommen haben, sinkt.
Weitere regulatorische Entwicklungen fließen je nach Konkretisierungsgrad ebenfalls an den Stellen ins FNG-Siegel ein, wo bereits Klarheit herrscht. Zum Beispiel bei den ökologisch nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Begriffs „nachhaltige Investition“, wie er in Artikel 2(17) der Offenlegungsverordnung auftaucht, ist die konkrete Ausgestaltung dahingegen weiterhin unklar. Damit verbunden ergibt sich die Schwierigkeit, bereits auf die BaFin-Richtlinie für nachhaltige Vermögensgegenstände – die trotz zwischenzeitlicher Pausierung zum Beispiel bei der Angabe der 75 Prozent-Quote nachhaltiger Vermögensgegenstände auch nur ganz allgemein auf besagten Artikel 2(17) verweist – einzugehen.
Im Allgemeinen orientieren sich die FNG-Siegel-Analyseelemente an regulatorischen Anforderungen und Marktpraktiken. Sodass viele Elemente, die letzten Endes zu einer professionellen Nachhaltigkeitsstrategie dazugehören, betrachtet werden. Oder anders ausgedrückt: Mit der Summe der einzelnen Prüfelemente kann eine Nachhaltigkeitsstrategie beschrieben werden. Dies steht im Einklang mit der Typologie nachhaltiger Geldanlagen für die Zielmarkt-Definition nachhaltiger Finanzinstrumente, die von vielen anderen Marktteilnehmern (BVI, DK, DDV u.a.) unterstützt wird.
2.3 Übergreifende Erkenntnisse aus der Prüfungserfahrung
Durch den vertrauensvollen Zugang zu vielen ESG-Service-Providern hat das Research-Team um Prof. Timo Busch mittlerweile einen guten Überblick über die verschiedenen Detail-Teufel der zu prüfenden Kriterien. Leider ist nämlich selbst bei vermeintlich einfachen Ausschlüssen eins und eins nicht immer gleich zwei. Beispielsweise wirkt das Waffen-Kriterium auf den ersten Blick trivial. Allerdings ist allein wegen der verschiedenen Begrifflichkeiten der jeweiligen ESG-Agenturen nicht direkt zu erkennen, welche Geschäftstätigkeiten genau erfasst sind. Und da ist man noch nicht bei den verschiedenen Wertschöpfungstiefen, Dualuse Problematiken und inhaltlichen Ausgestaltungen der jeweiligen Ausschlüsse angelangt.
Des Weiteren fanden wir innerhalb unseres Researchs heraus, dass auch die Services zu den zehn Prinzipien des UN Global Compact nicht einheitliche Inhalte abdecken. Beispielsweise wird das Screening zur Geldwäsche nicht immer innerhalb des entsprechenden Produkts bei der ESG-Agentur angeboten. Allerdings hat unser Research ergeben, dass Geldwäsche unter Korruption integriert werden sollte. Generell wird das Wissen über die verschiedensten Service-Dienstleistungen und Produkte der ESG-Agenturen immer wichtiger, um die Leistungsfähigkeit von Nachhaltigkeits-Produkten besser einschätzen zu können. Das bedeutet, dass ein wichtiger Teil der Arbeit des Prüfteams darin besteht, die zugrundeliegenden Produkte und Dienstleistungen der verschiedenen ESG-Service Provider zu analysieren und zu bewerten. Hier ist in den letzten Jahren ein großer Daten- und Wissensfundus aufgebaut worden.
Ausblick
Unser Kurzfazit nach Inkrafttreten der Offenlegungsverordnung im März 2021: Keine bis kaum Bezugnahmen zu den ersten beiden Umweltzielen der Taxonomie. Wir konnten letztes Jahr im Rahmen der Bewerbung ums FNG-Siegel noch keine signifikanten Änderungen der Produktausgestaltung feststellen. Hier erwarten wir in der aktuellen Bewerbungsphase einen wahrnehmbaren Schritt in Richtung dieser neuen SRI-Welt.
Ähnlich fällt das Resümee für die Umsetzung der Dreiteilung der MiFID-Nachhaltigkeitspräferenz aus. Im vergangenen Prüfungsjahr konnten hierzu kaum angepasste Produktmerkmale identifiziert werden. Dies liegt sicherlich auch daran, dass bislang detaillierte Umsetzungsvorschriften (technische Regulierungsstandards durch die Level 2-Offenlegungsverordnung) erst im Januar 2023 in Kraft traten. Zusätzlich liegen die bislang von der Realwirtschaft taxonomiekonformen Wirtschaftsaktivitäten umsatzbezogen3 noch im unteren einstelligen Bereich. Darüber hinaus sagen weder die EU-Offenlegungsverordnung noch die drei Nachhaltigkeitspräferenzen aus der MiFID-II etwas über die Qualität der jeweiligen Produkte aus, da es vordergründig nur um Transparenz und Einteilung in eine Präferenz geht – nicht mehr und nicht weniger. Es bedarf weiterhin eines möglichst objektivierten Maßstabs, der für Orientierung sorgt. Anlegende und Beratende werden sich weiterhin mit der Frage auseinandersetzen müssen, was eine gut gemachte nachhaltige Geldanlage auszeichnet.
Bei aller beschriebenen Komplexität bietet das FNG-Siegel einen ganzheitlichen Ansatz, der sowohl quantitative wie auch qualitative Elemente und vor allem die gesamte Nachhaltigkeitsinfrastruktur eines Investmentprodukts durchleuchtet. Denn die Analyse von Investmentprozessen, Systemen und Strukturen gewähren einen tieferen Einblick als eine reine Portfoliobetrachtung. Solange der Markt bzw. die regulatorischen Bemühungen noch keine einheitliche und systematisch vergleichbare robuste Datenbasis hervorbringt sind die verschiedenen Methodiken hinter einer Einzeltitelbetrachtung sowohl von den ESG-Agenturen als auch Fondshäusern wenig vergleichbar. Des Weiteren geht das FNG-Siegel über die Stichtagsbetrachtung hinaus, indem systematische Ausschlussprozesse und eine regelmäßiges Kontroversenmonitoring geprüft werden.
Das FNG-Siegel ist ein Gütezeichen und damit nicht direkt vergleichbar mit einem Score oder einem Rating. Diese haben genauso ihre Daseinsberechtigung. Ein Siegel und ein Score sind, wie im Bereich der Lebensmittel, beides nützliche Werkzeuge mit unterschiedlicher Aussage.
Wir wünschen uns alle mehr „quantifizierbare“ Klarheit im Bereich der Bewertung nachhaltiger Produkte. Das ist unbedingt nötig. Die Tatsache, dass heute aber immer noch rund 80 Prozent aller Daten Schätzwerte sind – selbst bei den von der EU verpflichtenden Principal Adverse Impact Indicators (PAIIs) – macht dieses Unterfangen zu einer Mammutaufgabe. Daran ist auch eine fehlende Vergleichbarkeit, der originär berichteten Unternehmensdaten durch die verschiedenen freiwilligen Standards gekoppelt. Durch die EU-Taxonomie, Empfehlungen der EFRAG zu Accounting- Standards in Zusammenhang mit der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeits- Berichtserstattung und dem Aufgleisen des European Single Access Point als zentrale und öffentliche zugängliche Datenplattform – auch wenn dieser erst schrittweise ab 2027 eingeführt werden soll – wird sich eine neue Welt an Nachhaltigkeits- Produkten entwickeln. Vor allem die zukunftsgerichtete, von der EU gewünschte Integration von Kapitalinvestitionen (CapEx) und Betriebsausgaben (OpEx) wird hierzu beitragen. Hier ist ein großer Innovationsschub zu erwarten.
Quellen
1 Vgl. Scope-Studie: https://www.scopegroup.com/dam/jcr:590150cf-0911-4984-9e53-bd151a65eec2/Scope%20ESG%20Quarterly%20Q2%202023.pdf, aufgerufen am 07.06.2023, aufgerufen am 07.06.2023.
2 Darunter waren Asset Owner, Asset Manager, Wissenschaft, Beraterverbände, ESG-Agenturen, NGOs, Stiftungen und Kirchen vertreten.
3 Neben Umsatzzahlen können auch Investitions- und Betriebsausgaben (CapEx und OpEx) zur Berechnung herangezogen werden, was dem Wunsch der EU bezüglich „Umlenkung von Kapitalflüssen“ besser gerecht wird.